Aber natürlich nicht nur im Bereich der Kleinwagen entwickelt sich die Technik unaufhörlich weiter, auch in der Mittelklasse bemüht sich die deutsche Automobilindustrie mit großem Erfolg, den stetig wachsenden Ansprüchen der Käuferschaft gerecht zu werden. Großen Werbeaufwand betreibt nach wie vor Ford, dessen endgültig veralteter „Buckeltaunus“ vom wegen eines entsprechenden Emblems auf der Motorhaube „Weltkugel“ getauften Taunus 12 M („Meisterstück“) abgelöst wird.
1952
1953
1955
1955
Beworben wird das Auto mit dem Slogan „In Form und Technik seiner Zeit voraus“ und als Beleg dafür zählt eine Anzeige aus dem Jahr 1952 die „79 Vorzüge des Taunus 12 M“ auf. Als erwähnenswerte Pluspunkte werden zu dieser Zeit beispielsweise noch Blattfedern an der Hinterachse erachtet, darüber hinaus eine Verriegelung der Türen durch Knöpfe, eine Benzinuhr oder eine Kühlwasser-Temperaturanzeige. Und auch ein Werbetext für den karosseriegleichen, aber stärker motorisierten 15 M gibt Auskunft über den damaligen Leistungsstandart in dieser Preisklasse: er beschleunigt „Pfeilschnell aus allen Gängen“, was im Jahr 1955 bedeutet, dass das Auto aus dem Stand nach 13 Sekunden Tempo 80 erreicht. Übrigens darf Ford Deutschland nach Vorgabe des amerikanischen Mutterkonzerns bis 1967 für seine eigenständig entwickelten Fahrzeuge weder das bekannte blaue Firmenemblem nutzen noch den Namen „Ford“ als Bestandteil einer Typenbezeichnung verwenden. Wenn man eine ausnehmend schöne Werbung aus dem Jahr 1957 mit darin abgebildeten Beispielen der weltweiten Ford-Produktpalette betrachtet,
"Die neuen FORD-Wagen für 1957 gehören überall in der Welt zur Spitzenklasse", 1957
innerhalb welcher der 15 M im direkten Vergleich mit einem amerikanischen Ford-Straßenkreuzer dann doch recht mickrig daherkommt, bekommt man eine Ahnung für mögliche Beweggründe dieser Vorgehensweise,
"Unter den schönsten Automobilen eines der besten - TAUNUS 17M de Luxe", 1957
"Noch nie konnten Sie ein solches Automobil so preisgünstig kaufen wie den TAUNUS 17M", 1957
1959
1959
.Auch der Auto Union gelingt es im Laufe der 50er, sich in der automobilen Mittelklasse zu etablieren. Vor dem Krieg durch den Zusammenschluss der Firmen Audi, DKW, Horch und Wanderer, die durch das Firmenlogo mit den vier ineinander verschlungen Ringen symbolisiert werden, zweitgrößter Hersteller im Kraftfahrzeugbau, werden 1945 die in der sowjetischen Besatzungszone gelegenen Betriebe beschlagnahmt und weitestgehend demontiert. Dem Neubeginn in Ingolstadt mit dem „Zentraldepot für Auto Union Ersatzteile“ folgt die Produktion des „DKW Meisterklasse“,
1950
einem robusten und dank diverser Kombiversionen vielseitig einsetzbaren Fahrzeug mit langlebigem Zweitaktmotor.
"Sommerfreuden mit dem neuen DKW", 1951
DKW 3=6 , 1957
Dessen Nachfolgemodell „Sonderklasse“ weiß insbesondere durch eine schön geschnittene und von Karmann gefertigte Cabriolet-Version zu gefallen, die auch in der Werbung für das neue Modell vorzugsweise abgebildet wird. Diese Strategie zollt somit der Entwicklung Tribut, dass Autos durch die steigenden Einkommen der Bundesbürger im Vorfeld des Wirtschaftswunders immer häufiger nicht nur reines Fortbewegungs- oder Transportmittel sind, sondern immer mehr auch die Rolle eines Statussymbols einnehmen.
1957
„Der neue DKW-Luxus-Zweisitzer ist tatsächlich eine Luxusschöpfung an Schönheit und Komfort“, heißt es daher in einer offensichtlich nach dem Motto „doppelt hält besser“ verfassten Bildunterschrift für das Cabriolet, aber auch die viertürige Limousine
1951
1962
ist der richtige Kauf für alle, „die sich einen repräsentativen und komfortablen Wagen wünschen, der dennoch in Anschaffung und Unterhaltung äußerst günstig ist.“ 1958 setzt Auto Union noch eins drauf und präsentiert mit dem 1000 Sp einen bildschönen „schnittigen Zweisitzer“
1958
zum stattlichen Preis von 12000 DM (zum Vergleich: VW Käfer ca.4000 DM), der die Illustrierte Quick zu nahezu philosophischen Betrachtungen über die Schnelllebigkeit der Zeit animiert: „In den Zeiten vor der Währungsreform war der eingefleischte Autofahrer froh, wenn er ein Fahrzeug mit Holzvergaser fuhr und es bei Rückenwind auf 50 Kilometer in der Stunde brachte. Mit dem neuen Geld rollten auch neue Wagen vom Fließband. Sie waren noch nicht sehr komfortabel, aber doch fahrtüchtig. Später wurde der Komfort erhöht und das Äußere eleganter gestaltet. Bald genügte auch das nicht mehr, man wollte flotter fahren und der sportliche Wagen wurde Trumpf. Heute fahren selbst Zeitgenossen, deren einziger Sport sonst nur Angeln oder Briefmarken sammeln ist, „sportlich“. Es ist Mode geworden.“
Die Zunahme des Individualverkehrs wurde im Verlauf der 50er Jahre so groß, dass in den Großstädten der Parkraum knapp wurde und spezielle Parkhäuser wie Pilze aus dem Boden schossen.
Sehr anschaulich dokumentiert wird diese Situation durch Objekte aus dem Spielzeugbereich. Mehr Spielzeug-Parkhäuser bzw. Verkehrsspiele durch Anklicken der jeweiligen Bilder!
Auch Borgward hat mittlerweile mit seiner Isabella
1959
in der Coupe- bzw. einer von der Firma Deutsch gefertigten Cabriolet- Ausführung ein nicht nur sportlich zu fahrendes, sondern zudem hinreißend schönes Auto im Angebot.
1958
1958
1959
1957
1958
Mit ihrer eleganten Linienführung, dem üppigen Chromzierrat und der in der 75 PS starken TS-Ausführung überaus ansprechenden Motorleistung trifft sie den Zeitgeschmack und avanciert zu einem der absoluten Traumwagen der Wirtschaftswunderära. „Man wird gesehen, man kann sich sehen lassen“, „Isabella – ein Begriff für gesellschaftliche Repräsentation und exklusives Reisen“, „Ein Wagen von Welt – ein Wagen von Wert“ oder „Schön, wie ein Auto nur sein kann“ schürt die aufwendig gestaltete und in Punkto Attraktivität der Isabella in nichts nachstehende Werbung die Begehrlichkeiten potentieller Käufer, indem sie sich vor allem auf den hohen Prestigewert des Autos fokussiert und die ansonsten bei Borgward-Anzeigen üblichen sachlichen Informationen und Daten weitestgehend ausspart. Trotz diverser Kinderkrankheiten, die erst drei Jahre nach Produktionsbeginn zufrieden stellend ausgemerzt sind, entwickelt sich die Isabella zu einem immensen kommerziellen Erfolg.
Bei Opel kann man sich dem allgemeinen Trend zum Luxus ebenfalls nicht verschließen. Dort ist 1956/57 das Modell Kapitän „der Star seiner Klasse“
1956
1961
1961
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1958
1958
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1961
1956
und damit der Mittelpunkt einer aufwändig in Szene gesetzten und dadurch ausgesprochen sehenswerten Anzeigenserie, die bevorzugt in „gehobeneren“ Zeitschriften geschaltet wird. Dabei ist es erst gut zehn Jahre her, dass bei Opel ausschließlich Kühlschränke unter dem Markennamen „Frigidaire“ die Werkshallen verließen. 1937 noch die zahlenmäßige Nummer Eins in der Zulassungsstatistik, hat man ebenfalls mit den Kriegsfolgen zu kämpfen. So verliert der Konzern die Produktionsanlagen für den Kadett als Reparationsleistung an die Sowjetunion, wo das Auto in der Folge als Moskwitsch 400 vom Band läuft. Dank der engen Verknüpfung mit dem amerikanischen Mutterkonzern General Motors kann jedoch bereits ab 1947 wieder die Produktion des Olympia aufgenommen werden, einem Vorkriegsmodell, dessen Namensgebung noch von den Olympischen Spielen im Jahr 1936 herrührt. Doch Opel versteht es, aus der Not eine Tugend zu machen und demonstriert die hohe Kunst der Werbung. Unter der Überschrift „Bewährt ist mehr als gut“ wird in einer Anzeige die Abbildung eines Motors präsentiert: „Vor 18 Jahren eine europäische Sensation durch hängende Ventile und verschleißmindernden kurzen Hub, heute in über 450000 Stück produziert: Nur der 1,5 Ltr. OPEL-Motor des Olympia kann in seiner Klasse auf diese Bewährung zurückblicken.“ Auch in der Folgezeit setzt der Konzern auf Kontinuität: Der Slogan „Opel der Zuverlässige“ wird zu einem fixen Begriff und ist bis in die 60er Jahre hinein fester Bestandteil sämtlicher Opel-Anzeigen
Zuverlässig bei jeder Gelegenheit, ob...
auf der Safari oder...
dem Golfplatz. Fotos aus einem Opel-Wandkalender von 1957
.
Eigentlich gar nicht nötig hat die Zeitschriftenwerbung Mercedes Benz, da die Firma zu dieser Zeit innerhalb der automobilen Oberklasse zumindest in Deutschland keine Konkurrenz zu fürchten hat. Nichtsdestotrotz sind einige sehr ansprechend gestaltete Anzeigen der Untertürkheimer zu entdecken, so zum Beispiel vom bereits 1936 erstmals vorgestellten Typ 170,
Zeitschriften-Werbung Mercedes Benz,1951
Mercedes-Benz Typ 170 S, Werbeanzeige 1950
der in den Nachkriegsjahren trotz mittlerweile anachronistisch wirkender Optik noch einen respektablen Absatz findet. Ohne falsche Bescheidenheit wird Mitte der 50er der Typ 220 als „Autorität im Verkehr“ beworben, zudem der Typ 300 als „Wagen, den die ganze Welt bewundert“ und der „auf Wunsch auch mit einer Trennwand zum Fahrer ausgestattet“ werden kann. Ansonsten vertraut Mercedes auf die alleinige Wirkung seines traditionell guten Rufes.
1952
"Ihr guter Stern auf allen Straßen", Mercedes-Benz Werbung von 1954
1953
1951
1952
1954
1954
1958
Eine groß angelegte Kampagne unter dem Motto „Ihr guter Stern auf allen Straßen“ beschränkt sich auf die Abbildung des Mercedes-Sterns vor Internationalität vermittelnden Hintergründen wie Weltkarten, Menschen in verschiedenen Landestrachten oder Länderflaggen.
Zu Beginn der 60er kann dann auch VW augenscheinlich nicht mehr auf die Werbepräsenz in den Printmedien verzichten.
1963
Er läuft und läuft und läuft...(1963)
In überwiegend originellen Anzeigen von hohem Wiedererkennungswert werden vor allem die über viele Jahre bewährte Grundkonzeption sowie die sprichwörtliche Zuverlässigkeit des Käfers hervorgehoben: „In jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter, ob mit Garage oder ohne – der luftgekühlte Motor des Volkswagens ist immer „da“ und macht auch auf langen Autobahnstrecken und steilen Passstraßen nicht schlapp.“ Der seinerzeit kreierte eingängige Slogan „Der VW läuft und läuft und läuft…“ ist sogar bis in die heutige Zeit nicht in Vergessenheit geraten.
Sicherlich erwähnenswert sind schließlich noch einige der vielen „Exoten“, die im Laufe der Zeit die Anzeigenlandschaft bereicherten. So offeriert 1949 Willys Overland seinen Jeep mit dem einprägsamen Reim „Der Jeep hat Kraft für jede Arbeit der Landwirtschaft“
1949
als eine Art Traktor-Ersatz: „Der 4-Rad angetriebene Universal Jeep hat die extra Zug- und Stoßkraft, welche für Ackerarbeiten benötigt wird. Er besitz die Kraft für die jahrein-jahraus vorkommenden Feldarbeiten…“ Bei Renault verwechselt man 1953 offensichtlich Zylinder mit PS, da ein in Frankreich unter der Bezeichnung „4 CV“ bekannter Kleinwagen in Deutschland als „4 PS“ eingeführt wird. Keinen Abbruch tut dies jedoch dem Unterhaltungswert der witzig-eigentümlichen Illustrationen,
"Ihr 4 PS zieht an wie der Blitz" , 1953
in welchen vier rasant um eine Kurve galoppierende blaue Pferde die „unglaubliche Straßenlage dieses Kleinwagens“ verbildlichen sollen oder in einem anderen Beispiel als „tierische Kanonenkugeln“ den „weltberühmten und reaktionsschnellen Motor“. 1959 wird der Citroen DS, heute von Oldtimerfans als „Göttin“ geradezu verehrt, aufgrund seiner verstellbaren Bodenfreiheit als regelrechter Geländewagen vorgeführt:
1959
„…und dann stehen Sie auf einmal vor einem Bach. Oder Sie stehen vor einer engen Bodenwelle, einer Schneeverwehung. Was machen sie mit einem normalen Auto? Zurücksetzen, wenden oder eine Brücke suchen.“ Nicht so beim Citroen. Dort reicht es, einen kleinen Hebel zu bedienen, „sodass sich der Wagen wie von einer geheimnisvollen Kraft auf seine höchste Bodenfreiheit erhebt.“
"Renault Floride - in guter Gesellschaft", 1961
Noch ein "Exot", der (vergeblich) versucht hat, sich auf dem deutschen Automarkt zu etablieren: Simca Elysee, 1958
Im Dezember1963 wagt sich sogar der in der DDR produzierte Wartburg mit einer Anzeige in den kapitalistischen Blätterwald. Zwar sucht man weiterführende technische Informationen vergebens, aber immerhin wurde das Auto vom Zeichner ausgesprochen vorteilhaft in Szene gesetzt und „Transportmaschinen Import – Export“ der DDR wünscht zudem ein frohes Weihnachtsfest.
Wartburg - "er hält was er verspricht" - "Auf der ganzen Welt bewährt - nun auch in der Bundesrepublik lieferbar." (1958)